Arbeiten mit Absturzgefahren
„Arbeiten mit Absturzgefahr" werden im Katalog der Tätigkeiten mit verpflichtenden bzw. freiwilligen Vorsorgeuntersuchungen der ArbMedVV nicht erwähnt. Dieser Umstand, der nach unserer Erfahrung in der Praxis für einige Rechtsunsicherheit sorgt, sollte jedoch nicht zum Anlass genommen werden, auf die Untersuchung nach dem berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G41 zu verzichten. Gemäß Arbeitsschutzgesetz und Unfallverhütungsvorschrift gehört die Beurteilung der arbeitsbedingten Gefährdungen zu den Pflichten des Unternehmers (DGUV Vorschrift 1; § 5 ArbSchG). Auf der Grundlage dieser Gefährdungsbeurteilung ist für eine angemessene arbeitsmedizinische Vorsorge zu sorgen (§ 3 ArbMedVV). Insofern ist die G41 als Nachweis der körperlichen Eignung für Arbeiten mit Absturzgefahr anzusehen, deren Notwendigkeit sich aus einer gewissenhaften Gefährdungsermittlung und -beurteilung ergeben sollte.
Zusätzlich ergibt sich auch aus § 7 ArbSchG die Unternehmerpflicht, bei der Übertragung von Aufgaben auf Beschäftigte deren Befähigung je nach Art der Tätigkeit zu prüfen. Bei Arbeiten unter Absturzgefahr ist wohl davon auszugehen, dass neben der fachlichen Eignung (Ausbildungsnachweise) ganz sicher auch der gesundheitliche Aspekt zu berücksichtigen ist.
Die arbeitsmedizinische Untersuchung ist erforderlich, wenn die Beschäftigten (ggf. auch nur zeitweise) ohne Sicherung gegen Absturz arbeiten. Die eigentliche Absturzhöhe spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Die Untersuchung ist nicht erforderlich, wenn durch die Art des Einsatzes keine Absturzgefahr besteht, z. B. bei Arbeiten in einem gesicherten Arbeitskorb.
Arbeitsverfahren/-bereiche und Tätigkeiten mit gesundheitlichen Risiken:
Eine besondere Absturzgefahr ist beispielsweise für die nachstehend genannten oder mit ihnen vergleichbaren Betriebsarten, Arbeitsplätze oder Tätigkeiten anzunehmen, sofern eine durchgehende Sicherung durch technische Maßnahmen oder persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz nicht gewährleistet ist:
- Freileitungen und Fahrleitungen
- Antennenanlagen
- Brücken, Masten, Türme, Schornsteine
- Flutlichtanlagen
- Auf- und Abbau freitragender Konstruktionen (z.B. Montage im Stahlbau, Stahlbetonfertigteilbau, Holzbau)
- Schächte und Blindschächte im Bergbau
- Gerüstbauarbeiten, Dach- und Fassadenarbeiten
- gefährliche Baumarbeiten
Die Eignungsuntersuchung G41 ersetzt im Zusammenhang mit der der G20 (Lärmarbeiten) und der G25 (Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten) seit 01.0.2011 die früher geforderte Untersuchung nach H9 (gefährliche Baumarbeiten).
Untersuchungsinhalt:
- Anamnese
- Körperliche Untersuchung im Hinblick auf Erkrankungen von Herz und Blutgefäßen (Bluthochdruck, Schlaganfall, Herzinfarkt), neurologische und psychische Auffälligkeiten, Gleichgewichtsfunktionen, Gehör, Nierenerkrankungen, Stoffwechselerkrankungen, Medikamenteneinnahme
- Urin-Mehrfachstreifentest
- Hörtest
- Sehtest
- Blutuntersuchung: großes Blutbild, versch. Serum-Parameter, Blutzucker
- Gesichtsfeld (Perimetrie bei der Erstuntersuchung bzw. bei jeder 2. Nachuntersuchung)
- Ruhe-EKG
- Ergometrie (Belastungs-EKG)
- Ärztliche Beratung im Hinblick auf die Tätigkeit
- Ärztliche Befundung, Dokumentation mit ärztlicher Bescheinigung
Untersuchungsfristen:
Die Erstuntersuchung erfolgt vor Aufnahme der Tätigkeit.
Die Nachuntersuchungen erfolgen bei:
- Personen unter 25 Jahren vor Ablauf von 3 Jahren
- Personen von 25-49 Jahren vor Ablauf von 2 bis max. 3 Jahren
- Personen ab 50 Jahre vor Ablauf von 1 bis max. 1,5 Jahren